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aus dem Schwarzwälder Boten vom 11.7.2005
Auf
einer Reise ins Bach-Universum
Die dritte Nagolder Bach-Nacht beleuchtet auf hohem musikalischen
Niveau das Werk des Komponisten
Nagold. Wohl kaum ein Komponist kann in seiner Gesamtheit so schwer
erfasst werden wie Johann Sebastian Bach. Ihn in einem Konzert rundum
zu beleuchten, vermag niemand zu leisten. Zu komplex, zu vielfältig
ist Bachs Musik, ihre Wurzeln und ihre Wirkungen auf die Musikwelt. Und
so beschränkten sich die Macher und die Ausführenden der Nagolder
Bach-Nacht darauf, einzelne aussagekräftige Schlaglichter auf das
Genie Bach zu werfen. Und auch wenn gewisse Aspekte außen vor bleiben
mussten, so kreierten die Musiker ein ebenso vielfältiges, aussagekräftiges
wie musikalisch wertvolles Bild des bedeutendsten evangelischen Kirchenmusikers.
So zeugte schon die Auswahl der Stücke des fünf Stunden dauernden
- immer wieder von kurzen Pausen unterbrochenen - Konzerts davon, dass
Bach kein Monolith in der Musiklandschaft ist. Auch er hatte seine Wurzeln
und Vorbilder, ganz davon zu schweigen, dass er selbst Vorbild und Inspiration
für viele Musikschaffenden der vergangenen Jahrhunderte war.
Ob es nun Antonio Vivaldi war oder der französische Meister Jean-Baptiste
Lully, an denen sich Bach bei seiner Instrumentalmusik orientierte, ob
es der zeitgenössische Helmut Barbe mit seinen "Canticum Simeonis",
Peter Cornelius oder die Romantiker Felix Mendelssohn und Franz Liszt
und natürlich der Meister Bach selbst war - die Musiker der Bach-Nacht
nahmen die Besucher in der Nagolder Stadtkirche mit auf eine erhellende
Reise in das Bach-Universum.
Große Akzente setzte dabei die Nagolder Kantorei. Und das auch auf
einem sonst eher ungewohnten Terrain. Bei den mit erstaunlichen Klangmomenten
gespickten "Gesängen Simeons" des zeitgenössischen
Komponisten Helmut Barbe erwies sich der Chor ebenso als wohlgeformter
Klangkörper wie bei der Bach-Motette "Der Geist hilft unsrer
Schwachheit auf", einem Glanzstück Bachscher Mehrchörigkeit.
Dass sich die Musikfreunde in und um Nagold auf ein beeindruckendes und
Aufsehen erregendes Konzert am 18. Dezember freuen können, das zeigte
der Chor schon am Wochenende. Denn im Dezember steht die Aufführung
der "h-moll-Messe" an, und die Kantorei gab am Samstagabend
mit mehreren Chören schon einmal einen bemerkenswerten Vorgeschmack.
Trotz den von Bezirkskantor Stefan Skobowsky eingeschlagenen schnellen
Tempi hatte der Chor die Bachsche Musik fest im Griff.
Dass einem um die Zukunft der anspruchsvollen Chormusik in Nagold nicht
bange sein muss, davon überzeugte der Evangelische Jugendchor die
Zuhörer am Samstag mehr als beeindruckend. Nach den Interpretationen
von Werken von Dietrich Buxtehude, Bach und Mendelssohn steht fest, dass
die Musikfreunde an diesem Chor in Zukunft noch sehr viel Freude haben
werden.
Sein Faible für den Nachwuchs offenbarte Bezirkskantor Stefan Skobowsky
auch mit der Auswahl des jungen aufstrebenden, soliden Kammerorchesters
"stringendo" aus Mehrbusch. Mehr auf Bewährtes setzte Skobowsky
bei der Auswahl seiner Solisten.
Die brillanten Orgelparts an diesem Abend hatten er selbst und Christoph
Kuppler übernommen.
Die Sopranistin Jeannette Bühler gab vor allem mit ihrer Arie aus
Henry Purcells "Dido und Aeneas" eine Kostprobe ihres außer
Frage stehenden großen Könnens.
Andreas Kramer komplettierte mit seinem traumwandlerisch sicheren Tenor
die exquisite Reihe der Musiker dieser dritten Bach-Nacht, die nach Mitternacht
bei Kerzenschein und Bachs berühmter "Air" stimmungsvoll
ausklang.
Sebastian Bernklau
aus dem Schwarzwälder Boten vom 12.7.2005
Kinderchor
serviert flotte Melodien
"Krach bei Bach" als Open-Air-Musical aufgeführt
Nagold. Sie trotzten dem eigentlichen Titel, denn mit Krach hatte
diese Aufführung nun wirklich nichts zu tun. "Krach bei Bach"
hieß das Kindermusical, das der evangelische Kinderchor jetzt aufführte.
Und, man ahnt es schon, Krach im lärmenden Sinn bekamen die vielen
Zuhörer natürlich nicht geboten. Dafür aber so manchen
Zoff, den der knapp 30 Kinder zählende Chor mit sichtlicher Sang-
und Spielfreude auf der Bühne in Szene setzte.
Pfiffige Melodien, die im vergangenen halben Jahr mit viel Mühe und
Können einstudiert wurden, sorgten damit am Samstag für einen
eher unkonventionellen Auftakt der großen und langen Nagolder Bach-Nacht.
So nahm der Kinderchor seine Gäste mit auf die Reise nach Leipzig,
wo man der Großfamilie Bach und vielen quirligen Thomanern begegnete.
Mit flotten Melodien (von Rainer Bohm, Christoph Kuppler und natürlich
J.S. Bach selbst!) wurden da Anekdoten erzählt - und am Ende erfuhren
die Zuhörer, warum Bach nie Stiftskantor und Hofkompositeur in Stuttgart
werden konnte.
Der Kinderchor musizierte im ungewohnten Ambiente, denn mutig bereiteten
die Organisatoren und Kantoren Christoph Kuppler und Stefan Skobowsky
den Auftritt als Open-Air-Veranstaltung vor. Die aufwändige Technik,
die Bühnenteile, und natürlich auch jede Menge Sitzbänke
wurden auf dem Kinderspielplatz des Kindergartens hinter der Kirche aufgebaut
- ein traumhaftes Freiluft-Gelände, das Dank der Hang-Lage durchaus
auch ein wenig an ein antikes Amphitheater erinnerte.
Standen die Kinder mit ihrem munteren Spiel rund um das Leben der Großfamilie
Bach auch im Mittelpunkt, so waren viele Erwachsene nicht minder am Erfolg
beteiligt. Tolle barocke Kulissen mit Szenen aus der Bach'schen Wirkungsstätte
Leipzig hatte die Künstlerin Eva-Maria Stein geschaffen, Eltern hatten
im Vorfeld Kostüme genäht und für so manches Requisit gesorgt,
Pfarrer Achim Esslinger hatte den Sprecher-Part übernommen.
Hinzu kamen Instrumentalisten des Meerbuscher Kammerorchesters stringendo
sowie Agnes Karasek an der Flöte, Christine Leipold an der Oboe,
Klaus Ganter mit der Trompete und Stefan Skobowsky am Piano. Die Leitung
hatte Christoph Kuppler, die Regie-Assistenz Jutta Benz.
Heiko Hofmann
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